Gestern haben wir vom legendären Lebkuchenhaus im Märchen Hänsel und Gretel berichtet. Aber wusstest du, dass es auch den Begriff “Lebkuchen-Architektur” gibt? Und nein, das bedeutet nicht, dass die Gebäude tatsächlich aus Lebkuchen bestehen. Die Definition der Lebkuchenhaus-Architektur geht auf den Baustil des späten 19. Jahrhunderts in Haiti zurück. Die Lebkuchenhaus-Bewegung begann 1881 mit dem Bau des haitianischen National Palace. Das Gebäude diente danach als Modell und setzte neue Maßstäbe für den Baustandard in der Region. Die Mehrheit der Lebkuchen-Gebäude in Haiti befindet sich in Port-o-Prince und wurde von nur drei haitianische Architekten geplant, die sich während ihres Studiums in Paris inspirieren ließen. 1895 wollten Georges Baussan, Léon Mathon und Joseph-Eugène Maximilien die aufkommende Architekturbewegung nutzen, indem sie den zeitgenössischen Stil französischer Ferienhäuser an das tropische Klima von Haiti anpassten. Die Häuser sind in der Regel aus Holz, Mauerwerk oder Stein und Lehm gebaut. Charakteristisch für diesen Baustil sind lebhafte Muster, extravagante Farben und reich verzierte Balustraden. Die Häuser wurden mit hohen Türen, hohen Decken und großen Fenstern, die sich auf weitläufige Galerien öffnen, gebaut, um die vorherrschenden Winde für das Raumklima zu nutzen. Der Ausdruck Lebkuchen-Architektur wurde in den 1950er Jahren von amerikanischen Touristen geprägt, die den Stil mit den Gebäuden im viktorianischen Zeitalter in den USA verglichen. Es ist sehr kostenintensiv die Häuser instand zuhalten. Obwohl die Lebkuchenhäuser dem Erdbeben von 2010 besser standhielten als die modernen Betongebäude, verfallen viele von ihnen zunehmend. Im Jahr 2010 wurden die Lebkuchenhäuser von Haiti daher in die World Monuments Watch aufgenommen.
Wer durch eine Stadt spazieren möchte, die tatsächlich aus Lebkuchen besteht, muss das Architekturmuseum in London besuchen. Jedes Jahr wird dort von einer Gruppe von Architekten, Designern und Ingenieuren eine ganze Lebkuchenstadt erbaut. Die diesjährige Ausstellung „Imagining the Future City“ ist vom 8. Dezember 2018 bis zum 6. Januar 2019 zu sehen - Nicht abbeißen!
Über die Autoren
Anna Ritscher studierte Chemie in Wien und promovierte an der TU Berlin mit dem Schwerpunkt Festkörperchemie. Als Mitbegründerin von Biotop arbeitet sie derzeit an modularen Laborinfrastrukturen und Citizen Science Projekten.
Referenzen:
https://www.thegingerbreadcity.com/ https://web.archive.org/web/20130320172232/http://www.wmf.org/sites/default/files/wmf_publication/WMF%20Haiti%20Mission%20Report.pdf https://www.wmf.org/project/gingerbread-neighborhood