Geht es auf der Nordhalbkugel gegen Weihnachten - oder genauer gesagt der Wintersonnenwende - zu, werden auch die Tage kürzer. So ist es auch nicht verwunderlich, dass wir eine Vielzahl an Bräuchen entwickelt haben, bei denen wir mit allerlei leuchtenden Dingen versuchen der Dunkelheit zu trotzen: Innenstädte, die im Licht der Weihnachtsbeleuchtung gebadet werden, Häuser, die mit allerlei Lichtbehang geschmückt, und manchmal verunstaltet werden; Kerzen die am Christbaum oder am Adventkranz brennen. Es fehlt also wahrlich nicht an Gelegenheiten, die Schönheit, die Wärme, oder gar die Physik von Licht zu bestaunen!

Heute nehmen wir allerdings eine etwas unübliche Perspektive ein. Anstatt darüber zu sinnieren, warum eine brennende Kerze leuchtet, oder darüber zu fachsimpeln, was ein stromdurchflutetes Filament leuchten lässt, wollen wir uns mit jener sonderbaren und gleichsam faszinierenden Kuriosität befassen, die wir auch als Luminiszenz bezeichnen. Sie ist am Werk wenn kalte Materie zu leuchten beginnt.

Moleküle bestehen aus Atomen, die wiederum aus Protonen und Neutronen bestehen, welche den Atomkern bilden, der von Elektronen umgeben ist. Wenn Atome Moleküle bilden, teilen sich mehrere Atomkerne einige Elektronen. Somit wird der “Elektronendurst” der Atomkerne gestillt. Einfach ausgedrückt ist das die Essenz der chemischen Bindung. Die geteilten Elektronen sind negativ geladen, und werden von den positiv geladenen Kernen angezogen. Allerdings hängt es von der Art der Atome ab, wie stark diese Anziehung ist, und je nach Stärke der Anziehung, können wir sagen, dass Elektronen unterschiedliche Energien haben.

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wurde die Physik der kleinen Dinge - also auch jene der Moleküle - grundlegend umgekrempelt. Durch Arbeiten der Pioniere der Quantenmechanik haben wir erkannt, dass Energie in sehr kleinen, klar begrenzten Päckchen vorkommen, und nicht wie zuvor vermutet als Kontinuum. Die Energie der Elektronen in einem Molekül bildet hierbei keine Ausnahme: Elektronen in einer chemischen Bindung “sitzen” meist in klar definierten Energieniveaus, dem sogenannten Grundzustand, der allerdings nur den niedrigsten einer Vielzahl an möglichen Energieniveaus darstellt.

Lassen wir ein Licht einer bestimmten Farbe, oder, etwas präziser formuliert, einer definierten Wellenlänge - auf ein Molekül scheinen, so können wir den Elektronen in dessen chemischen Bindungen gerade die richtige Menge Energie mitgeben, um sie auf das nächste höhergelegene Energieniveau zu heben. Dort angekommen, bleiben die Elektronen eine Weile im sogenannten angeregten Zustand, bevor sie wieder in den Grundzustand purzeln. Energie kann aber nie verloren gehen, sondern immer nur umgewandelt werden. Was passiert also mit der zusätzlichen Energie, die wir durch das Licht in das Molekül gebracht haben? Ein Teil davon sorgt dafür, das das Molekül ordentlich zu wackeln beginnt, und wird schließlich in Wärme umgewandelt, während ein anderer Teil wiederum als Licht abgegeben werden kann, das allerdings um den Wärmeanteil weniger Energie - oder in anderen Worten eine rotere Farbe hat. Das ist Luminiszenz auf den Punkt gebracht. Sie ist der Grund dafür, warum dein Gin & Tonic im fahlen Blau leuchtet, wenn du damit in einem UV-beleuchteten Club stehst, der Grund dafür, warum Leuchtfarbe funktioniert, und es ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf die vielen Wunder, die dich in der Welt der leuchtenden Materie erwarten…

Über den Autor

Lukas Hutter studierte Chemie in Graz und Systembiologie in Oxford. Er ist einer der Mitbegründer von Biotop und arbeitet derzeit als Lehrer in Villach.