Es ist Weihnachten! Die Stadt ist voller blinkender Lichter, eine Schneedecke überzieht die Straßen und es kitzelt dich in deinen Geschmacksknospen wenn du nur an Weihnachtsgebäck denkst. Aber warte… Wie kannst du dich so gut daran erinnern? Gerüche und Geschmäcker sind mächtige Zeitmaschinen und können uns, viel besser als Bilder und Geräusche in die Vergangenheit zu katapultieren. Neurowissenschaftler sind natürlich fasziniert von diesem Phänomen und versuchen mehr darüber herauszufinden….

Wenn du in ein Stück Gebäck beißt, dann wandert sein Geruch in die sogenannten Glomeruli in der Nasenhöhle, und sein süßer Geschmack erreicht die Geschmacksknospen auf der Zunge. Beide Strukture beinhalten hunderttausende von mikroskopischen Nevenenden, die, wenn sie von Geschmäckern oder Gerüchen aktiviert werden, Botschaften direkt ins Gehirn schicken. Diese Signale sind viel schneller als ein Auto. Mit einer Geschwindigkeit von 50m/s (180 km/h) schießen sie durch zwei Verteilerzentren im zentralen Nervenszstem: die Medulla und den Thalamus, bevor sie ihr Ziel, den gustatorischen Kortex erreichen. Hier stehen Millionen von Neuronen bereit, um Botschaften zu empfangen, die Signale von der Zunge zu verarbeiten, und ihnen eine Identität zuzuordnen. Sobald das Signal diesen Bereich erreicht hat, stellst du fest, dass dein Weihnachtsgebäck süß schmeckt, nicht zu stark nach Ingwer schmeckt und eine angenehme Zimtnote hat!

Neurowissenschaftler von der Columbia University in New York konnten zeigen, dass die Wahrnehmung von verschiedenen Geschmäckern durch verschiedene Bereiche des gustatorischen Kortex vermittelt wird. Dazu bedienten sie sich einer Methode namens “Optogenetik”, und konnten so künstlich jene Bereiche des gustatorischen Kortex von Labormäusen ein- oder ausschalten, die für das Schmecken von “süß”” und “bitter” zuständig sind. Sie trainierten die Mäuse um aus einer Wasserflasche zu trinken während ihr gustatorischer Kortex künstlich aktiviert wurde. Mäuse, deren “bittere Bereiche” aktiviert wurden tranken immer weniger, wogegen Mäuse deren “süßer Bereich” aktiviert wurde mehr zu trinken begannen [1].

Aber das hat doch rein gar nichts damit zu tun, dass du dich an den vertrauten Geschmack von Omas Vanillekipferl erinnern kannst, oder? Korrekt! Das Signal im gustatorischen Kortex reist nämlich weiter durch unser Nervensystem und erreicht schließlich das sogennante Limbische System, einen der ältesten Teile unseres Gehirns, dem eine große Rolle im Verarbeiten von Gefühlen und Erinnerungen zugeschrieben wird. Insbesondere der sogennante Hippocampus (nach dem Lateinischen Wort für Seepferdchen, weil er ähnlich aussieht) empfängt viele Signale vom gustatorischen Kortex und gleicht sie mit Signalen ab, die schon einmal durch unser Gehirn gereist sind, und für die eine Erinnerung angelegt wurde. So hütet dein Gehirn sicher das Geheimnis von Omas Vanillekipferl. Du kannst dir sicher sein - du wirst es nie vergessen!

[1] Peng, Y. et al. Sweet and bitter taste in the brain of awake behaving animals. Nature 527, 512–515 (2015)

Über die Autoren

Mariangela Panniello (Text) ist Neurowissenschaftlerin an der University of Oxford, wo sie sich mit der neuronalen Grundlage von Sinneswahrnehmung befasst. Sie liebt es Wissenschaft zugänglich zu machen.

Andrea Ferrari Trecate (Illustration) ist Umweltjournalist in La Spezia (Italien) und ein toller Amateurillustrator

Superfeinschmecker Experiment

Wusstest du, dass die meisten von uns zwischen 2000 und 10000 Geschmacksknospen haben, aber jeder vierte Mensch eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Geschmacksknospen besitzt? Diese Menschen sind sogenannte Superfeinschmecker. Finde selbst heraus ob du auch einer bist!

Was du benötigst:

  • Etwas blaue Lebensmittelfarbe
  • Wattestäbchen
  • eine Pinzette
  • Lochverstärkungsringe
  • eine Lupe
  • Taschentücher

Anleitung

  1. Vergewissere dich zuerst, dass du keine Unverträglichkeiten gegenüber des Farbstoffs hast! Tauche ein Wattestäbchen in die Lebensmittelfarbe ein, warte bis es sich mit Lebensmittelfarbe vollgesaugt hat, strecke deine Zunge heraus und färbe das vordere Drittel deiner Zunge gleichmäßig ein.
  2. Lege vorsichtig einen Lochverstärtkungsring auf deine Zunge. Wenn du keine hast, kannst du auch ein kleines Stück Backpapier ausschneiden, und ein Loch ausstanzen.
  3. Bitte einen Freund darum zu zählen wie viele rosa Erhebungen er innerhalb des Rings zählen kann (eine Lupe hilft dabei). Versuche dabei deine Zunge still zu halten.
  4. Überprüfe jetzt das Resultat:
  • Weniger als 15 Geschmacksknospen (Nicht-Schmecker)
  • 15 bis 35 Geschmacksknospen (Durchschnittsschmecker)
  • Mehr als 35 (Superfeinschmecker)