Was?
Biotop ist ein offenes Wissenschaftskollektiv, das sich der neugiergetriebenen, disziplinenübergreifenden und kollaborativen Erforschung, Umsetzung und Vermittlung wissenschaftlicher Ideen verschreibt. Es ist der Versuch, im Sinne eines Experimentes, die Art und Weise wie wir Wissenschaft betreiben neu zu erfinden.
Warum?
Wissenschaft und Forschung sind Unterfangen, die vor Idealismus und Innovationsgeist strotzen sollten. Dennoch begegnen junge WissenschafterInnen einer Karriere in der Wissenschaft zunehmend mit Ernüchterung.
Die dieser Entwicklung zugrunde liegenden Probleme sind systemisch:
Die straffe institutionelle Struktur von Universitäten und Forschungszentren schafft ein Umfeld, in dem Linearität eines Karrierepfades zum Hauptselektionskriterium für Erfolg wird. Dies unterdrückt Innovation, hemmt den Blick über jenen Tellerrand, der eine Grundbedingung für das Eröffnen neuer Forschungsfelder darstellt, und ist Quell existentieller Angst für viele junge Forschende (
Afonso 2013 blogs.lse.ac.uk
,
Woolston 2016 Nature
).
Das ständig anwachsende Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen und Subdisziplinen führt zu einem schwerwiegenden Messbarkeitsproblem im Herzen der Wissenschaft: Wie beurteilen Fördergeber die Qualität der Forschungsleistungen einzelner WissenschafterInnen, deren Arbeit lediglich einer Handvoll ForscherInnen überhaupt zugänglich ist, welche oft in direkter Konkurrenz um dieselben Fördermittel stehen? Die Antwort liegt in einer Abhängigkeit von Maßzahlen, wie die Anzahl an Aufsätzen in prestigeträchtigen Journalen. Dies führt zu einer verzerrten Wissenschaftskultur, die vorzugsweise modische Forschung nährt, und Impulsen entbehrt, welche die Wiederholbarkeit von Studien und das offene Teilen von Ideen und Erkenntnissen sicherstellen.
Angesichts des steigenden Spezialisierungsgrades führt ein Mangel an disziplinenübergreifendem Arbeiten und ein Fehlen von Strategien zur aktiven Einbindung der Öffentlichkeit in den Forschungsprozess zu einem schwerwiegendem Kommunikationsproblem. So wird es nicht nur zunehmend schwieriger, Forschungserkenntnisse Vertretern der eigenen Wissenschaftsdisziplin mitzuteilen, die Wissenschaft rückt damit auch weiter von der Öffentlichkeit ab.
Scheitern wir Wissenschafter daran, die Tragweite und den Wert unserer Arbeit und die daraus resultierenden Erkenntnisse zu vermitteln, verschlimmert sich auch das oben genannte Messbarkeitsproblem. Die grundlegende Idee von öffentlich geförderter Wissenschaft wird schließlich in Zweifel gezogen.
Wie?
Als Gruppe junger Wissenschafter ist Biotop unser Versuch, die Zukunft der Wissenschaft - sowie unsere Zukunft in der Wissenschaft - selbst anzupacken.
Diesem Versuch zugrunde liegt die Idee ein Forschungsnetzwerk im Sinne eines Ökosystems zu entwickeln, welches eine Kultur des Forschens pflegt, die diesen Namen auch wirklich verdient, und gleichsam Lösungen für die oben genannten Probleme liefert.
Leitprinzipien
Diesen Anspruch sehen wir nur durch einen integrativen Ansatz verwirklichbar, dem die Leitmotive disziplinenübergreifende, kollaborative Grundlagenforschung (
Brown 2015 Nature
,
Eddy 2005 PLoS Comput. Biol.
) sowie das auf Wissenschaft umgemünzte Open Source-Prinzip (Open Science) zugrunde liegen.
In institutioneller Hinsicht spielt hier insbesondere die Schaffung einer flexiblen und flachen Organisationsstruktur eine entscheidende Rolle, die disziplinenübergreifendes Arbeiten in kleinen Teams fördert.
Darüberhinaus sollen Wissenschaftsvermittlung und die Zusammenarbeit mit Künstlern zu Eckpfeilern im täglichen Arbeiten werden, die Öffentlichkeit aktiv im Rahmen von “Citizen Science” Projekten (
Editorial 2015 Nature
,
Bonney 2014 Science
) in die Forschung eingebunden werden, und ihr durch die Bereitstellung emanzipatorischer Werkzeuge wie Datenvisualisierungsplattformen der Zugang zu komplexen Problemen erleichtert werden.
Entscheidender Bestandteil der Idee ist darüber hinaus die Bildung von Innovationspartnerschaften. Diese sehen vor Mitglieder der Öffentlichkeit (Einzelpersonen, aber auch Vereine oder Firmen), die Kenntnisse praktischer Probleme aus ihrem Arbeitsalltag haben, mit Wissenschafts- und Designkompetenz aus dem Biotop-Team kurzzuschließen, um sich gemeinsam der Problemlösung zu widmen.
Forschungsfelder
Thematisch verorten wir uns an der Schnittstelle zwischen Biologie, Chemie, Physik, Computerwissenschaften und Angewandter Mathematik. Daraus ergeben sich mögliche Forschungsrichtungen, die sich mit Fragen aus den Bereichen der computergestützten Genomik, der Regelungsabläufe in biologischen Systemen und der Entwicklung von selbstorganisierenden Materialien, sowie mit der Untersuchung komplexer Systeme aus den Bereichen Biologie, Neurowissenschaften und Wirtschaft befassen.
Der Open Science-Ansatz bedingt darüberhinaus, dass die Auseinandersetzung mit Problemstellungen des wissenschaftlichen Verlagswesens, sowie die Entwicklung offener Plattformen für den Laborbetrieb längerfristig unsere Forschungstätigkeit begleiten.
Wo?
Wir streben an international und gleichsam betont regional wirksam zu werden. Auf regionaler Ebene planen wir einen festen Standort im Raum Villach aufzubauen, der als zentraler Knotenpunkt für unsere Aktivitäten dienen soll.